Was zeichnet die Kunstrichtung Abstrakter Expressionismus aus?

Die beiden Bezeichnungen Abstrakt und Expressionismus erklären bereits das Wesentliche der Kunstrichtung Abstrakter Expressionismus. Der Künstler malt ein Objekt, einen Menschen, ein Tier oder eine Landschaft so abstrahiert, dass der Betrachter des Bildes das Ursprungsmotiv nicht sofort oder gar nicht erkennt. Manche Bildobjekte sind stark verfremdet und bestehen nur aus Linien, Farben und Formen, andere hingegen lassen ihre wahre Natur durchaus erahnen.

Expressionismus beruht auf dem Verlangen, die eigenen Gefühle, Lebenserfahrungen und auch Sehnsüchte mittels Farbe, Pinsel und Leinwand auszudrücken. Der Maler ist nicht an der realitätsgetreuen Wiedergabe eines Gegenstandes oder Lebewesens interessiert, er möchte sein Innerstes in einem Gemälde verewigen.

Der Abstrakte Expressionismus ist aus dem Bedürfnis geboren, das Unterbewusste des Künstlers nach außen zu tragen und gleichzeitig dem Bildbetrachter genügend Freiraum für eigene Interpretationen zu geben.

Wo und wann entstand der Abstrakte Expressionismus?

Ins Leben gerufen wurde die Kunstrichtung Abstrakter Expressionismus zwischen 1940 und 1950 in Nordamerika. Warum diese Stilart gerade in Nordamerika so viele Anhänger fand, hängt wahrscheinlich mit der Immigrationswelle zahlreicher europäischer Künstler sowie Künstlerinnen in die Neue Welt zusammen. Kunstschaffende, die außerhalb der konservativen Normen mit dem Abstrakten Expressionismus liebäugelten, hatten es vor dem Hintergrund des Nazi-Regimes und des 2. Weltkrieges sehr schwer in Europa. Paris war nicht länger das Zentrum der Modernen Kunst und Malerei, die französische Hauptstadt wurde von New York als Kunstmetropole abgelöst.

Trotzdem entwickelte sich auch in Europa ein Pendant zum Abstrakten Expressionismus: die Informelle Kunst (französisch: Art Informel). Es zeigen sich viele Parallelen im Vergleich zum Abstrakten Expressionismus.

Die zwei Malstile des Abstrakten Expressionismus

Der Abstrakte Expressionismus lässt sich in zwei Maltechniken aufteilen: Action Painting und Farbfeldmalerei.

Action Painting, die wilde Seite des Abstrakten Expressionismus

Der Malstil Action Painting ist, wie der Name schon vermuten lässt, eine wilde, aktionsgeladene Art des bildnerischen Schaffens. Dem Künstler geht es hier nicht darum ein Bild aufgrund seiner intellektuellen Vorstellungskraft auf die Leinwand zu bringen, sondern die Farben an sich formen das Kunstwerk. Bei dieser künstlerischen Seite des Abstrakten Expressionismus wird die Farbe spontan mit einem Pinsel oder Spachtel auf die Leinwand geschmiert oder direkt aus der Tube aufgespritzt. Der Maler lässt die Farben ineinander verlaufen und Formen bilden, ohne bewussten Einfluss auf die Bildentstehung auszuüben. Wann das Werk vollendet ist, entscheidet er rein gefühlsmäßig.

Die Idee des Abstrakten Expressionismus wird hier auf seine reinste Form extrahiert: Gegenstandslose Kunst geprägt durch das Unterbewusstsein.

Bekannte Action Painting Maler sind u.a.: Helen Frankenthale, Sam Francis, Willem de Kooning und Jackson Pollock.

Farbfeldmalerei, die etwas gesittetere Spielart des Abstrakten Expressionismus

Im Vergleich zum Action Painting sind Gemälde, die zur Farbfeldmalerei gehören, ruhiger und geordneter im Bildaufbau.

Wie der Name schon verrät, werden bei dieser Form des Abstrakten Expressionismus farbige Felder nebeneinander oder überlappend auf der Leinwand angeordnet. Der Künstler trägt hier die Farbe entweder mit einem entsprechenden Werkzeug auf oder er schüttet sie auf die Bildwand.

Der Abstrakte Expressionismus übt in der Farbfeldmalerei einen eher meditativen, beruhigenden Effekt auf den Betrachter aus. Zu den berühmtesten Vertretern dieses Kunststils zählen z.B. Mark Rothko, Barnett Newman und Hans Hofmann.

Bild: Abstraktion einer Person

Abstrakter Expressionismus und das Guggenheim Museum

Wahrscheinlich wäre der Abstrakte Expressionismus ohne die Galeristin und Kunstsammlerin Peggy Guggenheim nicht so bekannt geworden. Peggy Guggenheim gründete im Jahr 1942 das „Art of this century“ Museum, um zeitgenössische Kunst einem breiten Publikum nahezubringen. Vertreter des Abstrakten Expressionismus stellten hier ihre Kunstwerke aus und diese Kunstströmung fand immer mehr Anhänger.

Abstrakter Expressionismus und seine bekanntesten Maler

Jackson Pollock und Mark Rothko gehören zu den international bekanntesten Künstlern des Abstrakten Expressionismus.

Jackson Pollocks Werke sind eindeutig dem Action Painting zuzuordnen. Er ließ Farben aus Farbdosen auf die weiße Bildwand tropfen (diese Technik wird auch Dripping genannt) und setzte gezielt keine willentliche Bildkomposition ein. Später sollten seine Werke unter dem Namen „Drip Paintings“ weltberühmt werden und der Maler gilt bis heute als eine Ikone des Abstrakten Expressionismus.

Pollock war mit einem schöpferischen Geist gesegnet, gleichzeitig aber auch eher introvertiert. Aufgrund seiner Alkoholsucht nahm er therapeutische Hilfe in Anspruch und anstatt den Psychologen von seinen Ängsten zu erzählen, zeigte er ihnen Zeichnungen, die er während seiner größten emotionalen Not erschaffen hatte. Der Maler war überzeugt, dass sich sein Unbewusstes in den bildnerischen Werken offenbarte.

Seine Gemälde sind meistens von einer gewissen Hektik und Dynamik geprägt.

Mark Rothko gehört zu den Pionieren der Farbfeldmalerei, sein künstlerisches Schaffen wurde außerdem von Werken seines Idols, des berühmten Malers Henri Matisse, geprägt. Der Künstler liebte, im wahrsten Sinne des Wortes, große Kunstwerke, da er seine Farbfelder besonders gern auf großformatigen Bildwänden, manche waren über drei Meter hoch, malte.

Die Farben wurden oft verdünnt und drangen beim Auftragen in die Leinwand ein. Der Hintergrund war stets unifarben, darauf wurden die unterschiedlichsten Farbkombinationen aufgestrichen, sodass die Farbfelder zu leuchten schienen. Obwohl Rothko zu einem der bedeutendsten Vertreter des Abstrakten Expressionismus zählt, wollte er nie als abstrakter Maler bezeichnet werden. Sein Streben war: ureigenste menschliche Emotionen farblich darzustellen.

Aber nicht nur männliche Maler prägten den Abstrakten Expressionismus, sondern auch weibliche Künstlerinnen. Zu ihnen gehört Helen Frankenthaler, die in den 50iger Jahren Aufmerksamkeit in der Kunstszene erregte. Sie entwickelte gemeinsam mit Künstlerkollegen eine neue Maltechnik, genannt „soak stained method“, bei der stark verdünnte Ölfarbe verwendet wird. In ihren Gemälden steht die Schönheit der Farbe und das Zusammenspiel von Farbnuancen im Vordergrund.

Bild: Guggenheim Museum in Bilbao, Spanien

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Fragen und Antworten

Was sind die Merkmale des Abstrakten Expressionismus?

Der Abstrakte Expressionismus kann durch seinen Ursprung nicht auf eine klare, eindeutige Form beschränkt werden. Surrealismus und Spontanität stehen im Vordergrund und prägen die finalen Werke. Der Künstler trägt sein Unterbewusstsein nach außen und lässt dem Betrachter Spielraum zur subjektiven Interpretation. 

Wo und Wann entstand der Abstrakte Expressionismus?

Der Abstrakte Expressionismus entstand in Nordamerika in den 1940er Jahren.

Was sind die zwei Hauptstilrichtungen?

Die zwei Hauptstilrichtungen sind Action Painting und die Farbfeldmalerei.

Was bedeutet Action Painting?

Unter Action Painting versteht man, dass die Farben das Kunstwerk formen. Der Künstler bringt die Farben spontan auf der Leinwand auf, sodass die Farben verfließen und eigene Formen kreieren. Er nimmt keinen Einfluss auf die Gestaltung.

Was Bedeutet Farbfeldmalerei?

Bei der Farbfeldmalerei ordnet der Künstler farbige Felder auf der Leinwand an. Der Aufbau folgt einer Ordnung. Hier wird dem Betrachter ein ruhiges, meditatives Gefühl übermittelt.

Wer sind die Zwei Bekanntesten Vertreter dieser Kunstrichtung?

Die zwei bekanntesten internationalen Vertreter sind Mark Rothko, er vertrat den Stil der Farbfeldmalerei und Jackson Pollock der Vertreter des Action Paintings.

Quellen & weiterführende Informationen

Quellen: 

  • Till Breuer, 2022, Eigene Arbeit
  • Bild 1: Eigene Aufnahme, 2022
  • Bild 2: Eigene Aufnahme, 2022
  • Bild 3: Pixabay, 2022
  • Artinwords, 2022, Jackson Pollock, artinwords.de, https://artinwords.de/jackson-pollock/, 
  • Zit. n. Marla Prather, Dana A. Miller, An American Legacy. A Gift to New York (Ausst.-Kat. Whitney Museum of American Art, New York, 24.10.2002–26.1.2003) New York 2002, S. 84.
Von: Till Breuer, Redaktion
Zuletzt aktualisiert am: 13. Januar 2023
4 Kommentare
  1. Tyra

    Hi,

    ein richtig interessanter Blog, bin schon gespannt auf die nächsten Beiträge.
    Hatte vor kurzem im Bekanntenkreis eine kleine Diskussion über „Abstrakte Kunst“. Mein Freund Sven kann damit gar nichts anfangen und lamentierte nur, während ich ihm entgegnete, dass Kunst viel mehr sei als das bloße realistische Darstellen von Natur und Objekten. Am nächsten Tag habe ich nach Abstrakter Kunst gegoogelt und bin auf diese Webseite gestoßen.
    Viele interessante Infos in diesem Blog und ich erinnerte mich gleich wieder an den Kunstunterricht in meiner Schule, in dem wir uns in Action Painting austoben durften. Finde es schön im Netz was über Kunst zu lesen, dazu echt verständlich erklärt.
    Dann habe ich mal angeschaut wer dahinter steht, die ArtGenossen. Liest sich spannend: unkonventionelle Ideen und frische Ansätze, werde ich öfters vorbeischauen.

    Antworten
    • Till Breuer

      Hi Tyra,

      vielen lieben Dank für dein Feedback! Es freut mich sehr, dass der Blog so aufgenommen wird, wie es gedacht war! 🙂
      Schau gern öfters vorbei, es stehen interessante Themen und Texte in der Warteschleife!
      Ab April wird regelmäßig ein neuer Text veröffentlicht.

      Liebe Grüße
      Till

      Antworten
  2. Darya

    Hallo)

    Ich habe grade deinen Blogbeitrag zum Abstrakten Expressionismus gelesen und fand ihn super! Der Text war sehr informativ und verständlich. Ich habe viel Neues gelernt! Die kurze Zusammenfassung am Ende finde ich sehr toll und übersichtlich.

    Es ist cool, dass du deine Leidenschaft teilst, und ich bin mir sicher, dass du damit viele Menschen inspirierst.

    Freue mich schon darauf, weitere Beiträge von dir zu lesen.

    Danke für deine Arbeit! Чмок)

    Antworten
    • Till Breuer

      Hallo Darya,

      vielen Dank für dein tolles Feedback!
      Es freut mich dich begeistert zu haben!
      Schau gerne beim nächsten Beitrag wieder vorbei.

      Lg Till

      Antworten

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